Bis vor einigen Jahren war der Pyrogentest an Kaninchen ein gängiges Verfahren, um die pyrogene (fieberschaffende) Wirkung von Arzneimitteln und medizinischen Geräten zu testen. Dabei wurde den Kaninchen eine Probe des Medikaments injiziert, um zu beobachten, ob ein Fieber auftrat, was ein Zeichen für pyrogene Substanzen war. Dieser Test war jedoch mit ethischen Bedenken verbunden, da er Tieren Schmerzen bereitete und ihr Wohl beeinträchtigte.
Seit den 2000er Jahren wird der Pyrogentest zunehmend durch den Monocyte Activation Test (MAT) ersetzt. Der MAT ist eine tierversuchsfreie Methode, die auf menschlichen Monozyten basiert, die zur Zellklasse der Leukozyten gehören. Diese Zellen reagieren auf pyrogene Stoffe, indem sie bestimmte Entzündungsmarker freisetzen, die mit modernen Tests nachgewiesen werden können.
Der MAT bietet mehrere Vorteile:
- Tierversuchsfreiheit: Er benötigt keine Tiere, was eine ethische Verbesserung darstellt.
- Sicherheit: Da menschliche Zellen verwendet werden, ist der Test näher an der tatsächlichen Reaktion des menschlichen Körpers als der Kaninchentest.
- Zuverlässigkeit: Der MAT hat sich als mindestens genauso zuverlässig wie der traditionelle Kaninchentest erwiesen, wenn es darum geht, pyrogene Substanzen zu identifizieren.
Die Einführung des MAT und ähnlicher tierversuchsfreier Verfahren stellt einen wichtigen Fortschritt in der medizinischen Forschung und der Entwicklung von Arzneimitteln dar, da sie sowohl das Tierwohl respektieren als auch gleichzeitig die biologischen Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte aufrechterhalten.
Das Europäische Arzneibuch ersetzt den Pyrogentest durch den MAT
Im Rahmen der kontinuierlichen Bemühungen, Tierversuche zu reduzieren und die ethischen Standards in der medizinischen Forschung zu verbessern, hat das Europäische Arzneibuch einen bedeutenden Schritt gemacht: Der traditionelle Pyrogentest an Kaninchen wird ab Juli 2025 durch den Monocyte Activation Test (MAT) ersetzt. Ab diesem Zeitpunkt wird die Monographie 5.1.13 „Pyrogenicity“ in Verbindung mit der Monographie 2.6.30 „Monocyte Activation Test“ des Europäischen Arzneibuchs die Verwendung des MAT für die Prüfung auf Pyrogene vorschreiben. Der Monozyten-Aktivierungstest (MAT) kann sowohl Endotoxine als auch Nicht-Endotoxin-Pyrogene in vitro nachweisen und muss produktspezifisch validiert werden.
Hersteller von Arzneimitteln und Medizinprodukten müssen sich nun auf den MAT als Standardmethode zur Bestimmung der Pyrogenität vorbereiten, was einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von Tierversuchen und der Förderung alternativer Testmethoden leistet.
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Frau Dr. Wanninger ist approbierte Apothekerin und arbeitete über 25 Jahre in der staatlichen Arzneimittelüberwachung als GMP-, GDP- und GCP-Inspektorin, zuletzt 16 Jahre als Leiterin des Inspektorats an der Regierung von Oberbayern. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrung in regulatorischen Angelegenheiten des Arzneimittel- und Medizinprodukterechts sowie bei der Durchführung von Drittlandinspektionen, auch im Auftrag der EMA.
Sie war Mitglied in mehreren Expertenfachgruppen der ZLG und wirkte an internationalen Verfahren der Europäischen Kommission mit. Darüber hinaus hat Frau Dr. Wanninger an mehreren pharmazeutischen Projekten der gtz/giz und der PTB in Asien und Afrika teilgenommen.
Seit Februar 2023 ist Frau Dr. Wanninger als Seniorberaterin und leitende Auditorin bei PharmaKorell beschäftigt.